Alter Wein in neuen Schläuchen
Warum es nicht genügt agile Methoden ohne ein agiles Mindset zu etablieren
Unsere Welt verändert sich zunehmend und wir versuchen diese Dynamik mit Konzepten wie VUCA, Industrie 4.0 oder Digitalisierung zu erfassen. Die Themen der Agilität stehen dabei weit oben auf der Agenda um die Organisationen an die komplexen Veränderungen im Markt anzupassen. In diesem Kontext stehen Methoden wie Scrum, Kanban, Design Thinking oder Lego Serious Play hoch im Kurs, um effizientere Strukturen zu etablieren. Die agilen Methoden alleine genügen jedoch nicht, um eine nachhaltige Transformation zu erreichen. Neben den neuen Schläuchen benötigen wir auch einen neuen Wein: das agile Mindset.
„A fool with a tool is still a fool!”
Organisationen werden nicht agil, nur weil Mitarbeiter:innen bei den neuen Meetings täglich stehen müssen oder ein schönes Board das Büro ziert. Agile Arbeitsweisen bauen auf grundlegenden Prinzipien und menschlichen Fähigkeiten auf, die sich durch mehr Selbstorganisation, Co-Leadership, Netzwerkstrukturen und gelebte Fehlerkultur auszeichnen. Doch auch diese Themen werden zu reinen Schlagwörter, wenn sie nicht von den Menschen in den Organisationen gelebt werden.
Wie unter anderem Frederic Laloux (Reinventing Organizations) deutlich vor Augen führt, befinden wir uns in einem gesellschaftlichen Wandel, in dem sich alte Strukturen langsam aufweichen. Klassische Hierarchien mit geordneten Prozessen leisten in einer relativ stabilen Welt gute Dienste um repetitive Vorgänge zu wiederholen und langfristig zu optimieren. Je dynamischer und komplexer die Herausforderungen jedoch werden, desto höher wird der Bedarf an neuen, kollaborativen Organisationsformen.
Die neuen Methoden sind eine wesentlich Grundlage für agile Teams und Organisationen, führen jedoch häufig zu einer Enttäuschung, sobald man sich in alten Denk- und Verhaltensweisen wiederfindet, die die neuen Strukturen zu unbeweglichen, schwerfälligen Konstrukten verkommen lassen. Die Veränderung des Mindsets ist deshalb wesentlich und muss langfristig kultiviert werden um nachhaltige Wirkung zu zeigen. Wir sind durch unsere Schul-, Studien-, und Arbeitswelten gewohnt klare Handlungsanweisungen zu erhalten oder zu bestimmen, um Ordnung in das gefürchtete Chaos zu bringen. In dynamischeren Umwelten wird jedoch zusätzlich zu langfristigen Planungen situative Spontanität und Kooperation in verstärktem Ausmaß benötigt, um in kürzeren Zyklen erfolgreich agieren zu können.
Die Änderung von Verhalten und Gewohnheiten ist kein einfaches Unterfangen und erfordert von Führungskräften und Mitarbeiter:innen eine große Offenheit für Neues. Erst die gemeinsam erlebte neue Arbeitsweise führt zu ersten Erfolgen und damit zu Vertrauen in agile Methoden. Jedoch fühlen sich Personen zu Beginn oft unsicher in der Umsetzung und die Frage entsteht, wie diese neue Arbeitsweise erlebt und gelernt werden kann.
In unseren Workshops nutzen wir dazu vermehrt Methoden und Techniken aus der angewandten Improvisation. Das Wort Improvisation kommt aus dem Lateinischen “improvisus” und bedeutet “das Unvorhersehbare”. In künstlerischen Formaten wie der Jazz-Improvisation und dem Improvisationstheater wird dieses Unvorhersehbare genutzt um durch radikale Kooperation und Spontaneität völlig neu- und einzigartige Kunstwerke, wie Musik- bzw. Theaterstücke entstehen zu lassen. Die Musiker:innen und Schauspieler:innen lernen mit bestimmten Techniken die Unplanbarkeit für innovative Prozesse zu nutzen. Diese Techniken können außerhalb der künstlerischen Formate erlernt werden, um sie im Unternehmenskontext zur Anwendung zu bringen.
In den Workshops wird mit zielgerichteten Übungen erfahrbar gemacht, was es bedeutet wirklich zu improvisieren und sich mit der eigenen Haltung und einem neuen Mindsets auseinanderzusetzen. In diesen „sozio-kognitiven Simulationen” werden die Teilnehmenden herausgefordert ihr agiles Mindset zu entwickeln und für sich nutzbar zu machen. Sie reichen von einfachen Übungen (z.B. zu zweit Sätze zu bilden, wobei jede Person immer nur ein Wort sagen darf) bis zu komplexen Gruppensimulationen (z.B. selbstorganisierte Prozesse in der gesamten Gruppe). Die Auseinandersetzung mit den eigenen, oft unbewussten, Denk- und Verhaltensmustern, sowie das Erleben von neuen Handlungsstrategien, führen zu einem tiefgreifenden Selbstverständnis und persönlichen Wachstum. Und so kann, Schritt für Schritt, der alte Wein in einen Neuen transformiert werden.
Die Beratergruppe Neuwaldegg hat sich in diesem Jahr intensiv mit diesem Thema befasst und unterschiedliche Workshops und Vorträge angeboten. Agnes und Lukas Zenk führten monatlich After Work Improv Labs zu Themen wie Selbstorganisation, Emotionales Selbstmanagement oder Co-Leadership für die Beratergruppe Neuwaldegg durch. Im Kaleidoskop „Female” wurde mit Agnes Zenk, Elisabeth Dudak und Margit Bergmair-Ambach angewandte Improvisation von Frauen für Frauen trainiert. Und in Köln führten Lukas Zenk und David Jeggle einen Workshop zu Selbstorganisation durch. Die nächsten Workshops finden bereits wieder im September 2018 in Frankfurt und Wien statt.
Möchten Sie tiefer in diese Themen eintauchen? Bei diesen Workshops haben Sie die Möglichkeit dazu
Co-Leadership und Change erleben am 6. September 2018 in Frankfurt
Selbstorganisation erleben am 25. September 2018 in Wien
Das Autorenteam
Agnes Zenk Netzwerkpartnerin der Beratergruppe Neuwaldegg
David Jeggle Berater der Beratergruppe Neuwaldegg
Lukas Zenk Netzwerkpartner der Beratergruppe Neuwaldegg