Holacracy – „Be a Ferrari“?!
Als Neue bei der Beratergruppe Neuwaldegg war ich natürlich ganz gespannt, wie Holacracy funktioniert – immerhin ist es hier schon seit 3 Jahren implementiert. Das Einzige was mir aus früheren Artikeln in Erinnerung blieb war, dass es keine Führungskräfte gibt, es ein sehr „erwachsenes“ System ist und durch Selbststeuerung sehr effektiv sein kann.
My learning journey #2 von Barbara Buzanich-Pöltl
Als Starthilfe besuchte ich den Holacracy Practitioner in Amsterdam beim Erfinder selbst – Brian Robertson. Dort stellte ich fest – WOW, da brummt es! 40 Personen aus verschiedenen internationalen Organisationen und Richtungen, die alle diesen Weg gehen möchten. Nach 5 Tagen intensiven Auseinandersetzens, kann ich sagen: es hat sich ausgezahlt! Ich bin total inspiriert und freu mich darauf – „Part of the game“ – ein zu können. Wie Brain gerne sagt: „Be a Ferrari“ … das bin ich gerne ????! Hier meine wichtigsten Learning aus den 5 Tagen:
#1 Holacracy – was es ist
Holacracy setzt auf Effektivität, Geschwindigkeit und ist auf individuelle Verantwortung ausgerichtet. Es soll Hierarchie ablösen indem statt Stellenbeschreibungen Rollen definiert sind, die sich in bestimmten Kreisen selbst organisieren. Wer sich jetzt denkt, das klingt chaotisch und unstrukturiert—ist es gar nicht! Es gibt ein Regelwerk, das genau festlegt wie Strukturen zu leben sind, Entscheidungen getroffen und Verantwortungen gelebt werden – und das transparent.
#2 Umverteilung von Macht führt zu Schnelligkeit
Holacracy verteilt Macht um. Im Gegensatz zur Hierarchie, wo Macht bei Führungskräften und Personen gebündelt ist, haben in Holacracy alle Personen die Kompetenz von Führungskräften. Es werden jedoch nicht Personen, sondern Rollen energetisiert. Durch regelmäßiges thematisieren und prozessieren von Spannungen in Governance-Meetings und Tactical-Meetings, entstehen transparente Rollen, Verantwortungen, Policies und Domains. Es gilt: solange keine Erwartungen formuliert werden, können diese auch nicht erwartet werden. Wiederum gilt, wenn nicht explizit Einschränkungen formuliert sind, können alle Alles umsetzen – also „be a Ferrari“ ist auch im Interesse von ALLEN.
#3 Verlernen um Neues zu lernen
In Simulationen haben wir spüren dürfen, wie Holacracy-Organisation funktioniert. Jeder bekam eine Rolle mit Beschreibung und los ging es. Schnell wurde klar, dass es für uns Teilnehmer unterschiedlich schwierig war, in diesem System zu agieren. Nach der ersten Phase waren die ersten Schmerzen da und Fragen ob das überhaupt sinnvoll sei. Es fühlte sich unnatürlich, chaotisch, manchmal langsam oder zu schnell an. In unseren Reflexionen erkannten wir:
- Klar fühlt es sich komisch an. Unsere Gesellschaft ist an Hierarchie gewöhnt und dieses neue Denken und Agieren kennen wir nicht. Hier fällt mir Frederick Laloux ein. Er stellt fest, dass wir Menschen lange nicht erkannten, dass wir 3 Gehirne haben – im Kopf, im Bauch und im Herzen—weil wir immer dachten, einer muss die Oberhand haben. Falsch gedacht, es geht auch anders!
- Die Themen im Governance-Meeting, wie z.B. wer ist für was verantwortlich und wer hat Einwände dazu, waren eine Challenge. „Man redet ewig um ein paar Themen rum und nix geht weiter“ waren häufige Aussagen. Stimmt, hat sich wirklich so angefühlt– wir haben ca. 30 Minuten für ca. 4 Themen gebraucht. Auf nachfragen, „Wie lange dauert es normalerweise, bis ein Governancethema durchgebracht wird?“ kamen antworten wie „Wenn’s schnell geht ein halbes Jahr, manchmal dauert es Jahre!“. Hm, doch ein Ferrari?
#4 Durchhalten und Energie aufladen
Gerade wenn in Strukturen eingegriffen wird, bedeutet das einen massiven Eingriff in die Kultur. Und das heiß auch Widerstand, Wunsch nach dem Alten und die Gefahr in das alte Verhalten zurückzufallen. Was aus meiner Sicht hilft: Austausch mit Gleichgesinnten (Community), Support holen und durch die erwarteten Talsohlen durchgehen.
#5 Metaphern und Aussagen die mich begleiten
- „Parenting the organisation” – die Rollen fördern das System um besser und schneller zu werden.
- „Be a Ferrari“ – das System unterstützt schnell zu sein. Bremsen ist nur dann sinnvoll wenn es Spannungen gibt. Diese werden offen auf den Tisch im Rahmen von Tactical-Meetings, Governance-Meetings und auch im daily business prozessiert.
- „practicing & disziplin” – wie im Yoga braucht es lange Übung um wirklich gut darin zu werden und Disziplin die Regeln auch umzusetzen. Dann kommt auch der Flow ????.
- „Selbstorganisation von Einzelnen“ – Basis ist, dass jeder sich selbst organisieren kann und effektiv arbeitet. Beispielhaft wird “getting things done“ vorgestellt … und David Allen war übrigens auch persönlich dabei!
- “Holacracy organisations are purpose driven“ – alles orientiert sich am jeweiligen Zweck: Organisationen, Kreise und Rollen.
#6 Two most inspiring moments
- Die Energie und der Wille der Gruppe, Community und der dahinterstehenden Organisation, diesen neuen Weg zu gehen. Mit allem was dazugehört.
- Zu erleben wie einfach ich mich in diesem System bewegen kann, in dem Moment wo die Regeln klar sind. Ich war total energetisiert. Und … es wurde immer einfacher. Als Facilitator, Secretary und in meinen Rollen.
#7 Fragen, die mich und Andere beschäftigen
In diesen 5 Tagen habe ich gelernt, dass es nicht darum geht wie perfekt das System selbst ist oder nicht, sondern darum eine Lernreise mitzugehen. Mit verschiedenen Apps kann ergänzt und mitgestaltet werden. Viel wurde zu den Themen Hiring & Firing, Compensation, Entwicklung & Mensch, Hindernisse, Implementierung in großen und in kleinen Organisationen diskutiert. Man darf gespannt sein, welche Apps da noch kommen!
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Autorin
Mag. Barbara Buzanich-Pöltl, Principal der beratergruppe neuwaldegg