Keine Innovation ohne Exnovation: Strategisch loslassen, bewusst gestalten
Dieser Beitrag basiert auf einem inspirierenden Gespräch mit Sandra Bils, Co-Autorin des Buches „Exnovation/Innovation – Synergie von Ende und Anfang in Veränderungen“. Gemeinsam sprachen wir über die oft übersehene, aber essenzielle Praxis des Loslassens in Organisationen. Während Innovation meist als treibende Kraft gefeiert wird, bleibt Exnovation – das bewusste Beenden und Ausmustern – ein unterschätztes Element im Wandel. Doch ohne Exnovation keine nachhaltige Innovation.
Das Tabu des Loslassens
Warum fällt es uns so schwer, Dinge hinter uns zu lassen? Sandra Bils bringt es auf den Punkt: „Wir leben in einer Gesellschaft des Immer-mehr.“ Organisationen neigen dazu, Ressourcen in Innovation zu investieren, während sie selten aktiv darüber nachdenken, was nicht mehr gebraucht wird. Diese Haltung führt zu überladenen Strukturen, ineffizienten Prozessen und einer oft unerkannten Belastung für Mitarbeitende.
Das Problem beginnt tief in uns: Wir bevorzugen das Hinzufügen neuer Ideen und Maßnahmen, weil es als Fortschritt wahrgenommen wird. Das Streichen von Projekten, Produkten oder Prozessen hingegen wird als Rückschritt interpretiert – ein Paradoxon, das den Wandel behindern kann.
Systemischer Blick: Warum Exnovation Veränderung stärkt
Organisationen sind soziale Systeme, die auf Stabilität ausgelegt sind. Veränderungen – vor allem solche, die ein Ende mit sich bringen – bedrohen diese Stabilität. Exnovation wird emotional aufgeladen, etwa durch Ängste vor Verlust oder Trauer. Doch genau hier setzt der systemische Ansatz an: Veränderung gelingt, wenn sie bewusst gestaltet und kommuniziert wird.
In unserem Gespräch wurde deutlich, dass Exnovation nicht nur eine rationale Entscheidung ist, sondern eine kulturelle Herausforderung. Sandra beschreibt den Weg dahin als eine Art „selektive Kontinuität“: Organisationen müssen bewusster reflektieren, welche Elemente wertvoll bleiben, was angepasst werden sollte – und was Platz machen muss.
Praktische Schritte zur Exnovation
Wie kann Exnovation in Organisationen gelingen? Drei zentrale Ansätze können den Prozess unterstützen:
- Den Purpose schärfen:
Der Schlüssel zu erfolgreicher Exnovation liegt in der Klarheit über den organisationalen Zweck. Wenn die Ziele und Werte einer Organisation klar sind, wird es einfacher zu entscheiden, was weitergeführt werden soll und was nicht. Ohne diese Orientierung besteht die Gefahr, dass Entscheidungen willkürlich wirken oder aus Angst getroffen werden. - Kulturelle Akzeptanz fördern:
Veränderung benötigt Akzeptanz – und diese entsteht durch offene Kommunikation und Wertschätzung. Exnovation sollte als Prozess des Loslassens inszeniert werden, der Altes würdigt und Raum für Neues schafft. Dabei ist es wichtig, Mitarbeitende und Stakeholder aktiv einzubeziehen. - Werkzeuge und Rituale nutzen:
Methoden wie ein „Exnovation Canvas“ helfen dabei, den Prozess strukturiert anzugehen. Rituale und Reflexionen, etwa bewusste Abschlüsse von Projekten, schaffen emotionale Sicherheit und stärken die Kultur des Loslassens.
Was Exnovation bewirken kann
Während Innovation häufig die Zukunft gestaltet, sorgt Exnovation dafür, dass diese Zukunft auch tragfähig ist. Organisationen, die mutig loslassen, gewinnen nicht nur Klarheit, sondern schaffen auch Freiräume für neue Ideen, Projekte und Denkweisen.
Sandra brachte es mit einem treffenden Gedanken auf den Punkt: „Exnovation hat keine Helden.“ Es braucht keinen Pioniergeist, sondern Mut und Fingerspitzengefühl. Das ist es, was Organisationen resilient und zukunftsfähig macht.
Welche Erfahrungen haben Sie mit Exnovation gemacht? Teilen Sie Ihre Gedanken und Ideen mit uns unter E-Mail!
Über den Autor
Lorenz Gareis ist Partner, Berater und Trainer bei Neuwaldegg. Mit Kund:innen strebt er „nachhaltigen Mehrwert“ und keine kurzfristigen Optimierungen an. Dafür spannt er den Bogen vom Purpose über die Strategie bis zur operativen Umsetzung. Seine langjährige Erfahrung als Berater und Geschäftsführer hilft wirksame Interventionen zu setzen. Dazu passend hat er das Buch „PROJEKT.PROGRAMM.CHANGE“ veröffentlicht.
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