Deep Impact – Purpose in Zeiten der Krise
Während diese Zeilen gerade entstehen, kämpft die Welt gegen ein Virus und eine Pandemie, die alles Bisherige in den Schatten zu stellen scheinen. Die in ganz Europa und vielen anderen Ländern von den Regierungen ergriffenen Maßnahmen zur Eindämmung der Ausbereitung des Corona-Virus bringen das gesamte öffentliche Leben zum Erliegen. Familien, Organisationen und ganze Staaten stellen auf Notbetrieb um. Die Angst vor Tod und wirtschaftlichem Bankrott grassiert. Tausende Menschen sind bereits gestorben und noch ist nicht absehbar, wie lange die Krise andauern und welche Folgen sie haben wird.
Fragen, die wir uns gerade stellen …
Wie viele Menschen und Organisationen werden sie am Ende nicht überlebt haben? Welche Nachwirkungen werden die Krisenmaßnahmen und neu gefundenen Formen des Lebens und Arbeitens, des Umgangs und Kommunizierens miteinander in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft haben? Kehren wir nach Corona einfach zurück zu den alten Verhaltens- und Kommunikations-Mustern der Zeiten davor? Oder etablieren sich neue Modi – a new normal – wie es schon mal nach der großen Wirtschafts- und Finanzkrise 2007/08 erwartet und propagiert wurde?
Wollen wir so weitermachen wie bisher?
Eines scheint uns zumindest sehr wahrscheinlich: Die Krise wirft grundlegende Fragen auf, ob wir nach ihrem Ende, so weiter machen wollen wie zuvor. Sie verstärkt eine Frage, die immer mehr Menschen und Organisationen bewegt: Die Frage nach dem Sinn. Und möglicherweise wird sie tatsächlich zum Tipping Point einer wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Disruption. Wir wissen es nicht – aber Corona wirkt wie ein Brennglas, das die Fragen, die das Leben stellt, deutlicher hervorhebt und noch brennender macht.
Die Fragen, die das Leben stellt …
- Wofür leben wir?
- In welcher Welt wollen wir leben?
- Was wollen wir in die Welt bringen?
Haben wir Abzweigungen verpasst?
Ein Blick in die Nachrichten irgendeines Tages vor Corona – man könnte wohl einen beliebigen Zeitpunkt in den letzten 20 bis 30 Jahren wählen – wirft zumindest für uns die Frage auf, ob wir auf dem Entwicklungsweg von Wirtschaft und Gesellschaft nicht irgendwo eine Abzweigung verpasst haben: Klimawandel, Artensterben, wachsende soziale Verwerfungen, das Wiedererstarken des Populismus oder zunehmende psychische Probleme von Beschäftigten legen aus unserer Sicht nahe, dass es Zeit für eine neue Entwicklungskurve von Organisationen, Zeit für soziale Innovation und Erneuerung in Wirtschaft und Gesellschaft ist. Organisationen, wie sie ticken und woran sie sich orientieren, spielen dabei eine Schlüsselrolle.
Organisationen sind der Dreh- und Angelpunkt unserer modernen Welt
Das wirtschaftliche und soziale Wohlergehen hängt in unserer modernen Welt an Organisationen. Nahezu alle Produkte, Dienstleistungen und Einkommensmöglichkeiten werden mit Hilfe von und durch Organisationen geschaffen und verfügbar gemacht. Von morgens bis abends, von der Geburt bis zum Tod, sind wir in engem Kontakt mit Organisationen verschiedenster Art. Die meisten von uns haben in einem Krankenhaus das Licht der Welt erblickt, durchleben dann auf ihrem weiteren Lebensweg Phasen, die wir an der Mitgliedschaft in bestimmten Organisationen festmachen: Kindergarten, Schule, Armee oder Sozialdienst, Hochschule, gefolgt von Jahrzehnten der Arbeit in Unternehmen, Verwaltungen oder Non-Profit-Organisationen – Erfahrungen, die uns und unseren Alltag in der Regel stark bestimmen.
Organisationen prägen und machen Gesellschaft
Ohne sie wären wir nicht da, wo wir heute stehen – im positiven, wie im negativen Sinn. Die gewaltigen wirtschaftlichen, sozialen, technischen, gesundheitlichen und wissenschaftlichen Fortschritte der letzten 250 Jahre, wären ohne sie nicht möglich gewesen. So gesehen sind Organisationen vielleicht eine der besten Erfindungen der Menschheit. Und wie rasch es gelingt Corona in den Griff zu bekommen und welche Nachwirkungen die Krise für Menschen, Wirtschaft und Gesellschaft haben wird, wird insbesondere davon abhängen, wie Organisationen in der Krisenzeit entscheiden und agieren werden.
Der Glaube an eine Welt „sinn-voller“ Organisationen
Wir glauben an eine Welt „sinn-voller“ Organisationen, in denen Menschen täglich Sinn erfahren und stiften durch das, was sie miteinander tun. Beschäftigte gehen mit Freude dorthin und kehren mindestens genauso energiegeladen und erfüllt nach Hause zurück, wie sie am Arbeitsplatz erschienen sind. Sie tragen durch ihre Arbeit nicht nur zu ihrem eigenen Leben und Wohlbefinden bei, sondern gleichermaßen zu dem ihrer Kundinnen, Geschäftspartnerinnen und Kapitalgebenden. Sie sorgen für eine positive Entwicklung des gesellschaftlichen Umfelds und schonen Umwelt und natürliche Lebensgrundlagen. Solche Organisationen tragen durch ihre Entscheidungen und Handlungen nachhaltig zum Gemeinwohl bei.
Sie orientieren sich an einem Purpose, der über reine Gewinnmaximierung hinaus geht. Sie verteilen Autorität, setzen auf Selbstorganisationsmechanismen und betrachten ihre Mitglieder als Partner. Dadurch werden sie agil und entwickeln sich laufend weiter. Wie ein bekannter Fußballtrainer es einmal propagierte: sie machen sich und andere jeden Tag ein kleines Stückchen besser. Wir nennen diesen Idealtyp Purpose Driven Organizations – ihr Herz und Motor ist ein „higher Purpose“: Eine Energie und Orientierung stiftende Überzeugung und Motivation, einen Beitrag zu einem größeren Ganzen, zum Gemeinwohl zu leisten, das über den eigenen Vorteil und Nutzen weit hinausgeht.
Gerade in Zeiten wie diesen, erscheint uns das besonders wichtig. Wir sollten uns alle fragen:
Welchen Beitrag können wir leisten, damit unsere Kolleginnen und Kollegen, unsere Kundinnen und Kunden, die sozialen Gemeinschaften denen wir angehören und die Wirtschaft und Gesellschaft als Ganzes gut durch diese schweren Zeiten durchtauchen und danach sogar gestärkter wieder auftauchen können?
Der Autor Michael Moeller
ist Managing Partner der Beratergruppe Neuwaldegg. Einer seiner Schwerpunkte sind Purpose Driven Organizations. Er begleitet viele Organisationen dabei, ihren Purpose zu finden und mehr Purpose Drive zu entfalten. Gemeinsam mit Franziska Fink gestaltet er Workshops zum Thema, schreibt Artikel und Bücher, z.B. den nachfolgenden Bestseller …
Buch Purpose Driven Organizations
Franziska Fink und Michael Moeller haben ein Buch über Purpose Driven Organizations geschrieben, das aktuell als eines der besten Wirtschaftsbücher gilt.
Praxis-Workshop Purpose Driven Organizations
4 Tage für Unternehmer:innen, Organisationsentwickler:innen, Strateg:innen und Manager:innen, mit dem Ziel, mehr Purpose Drive in das eigene Unternehmen zu bringen. Nächster Termin: ab 22. Oktober 2020
Purpose & Strategie
Wer mit Komplexität rechnet, sollte auf Sinn setzen. Organisationen brauchen eine Richtung. Sie schafft Klarheit, wohin die Entwicklung gehen soll und welche Beiträge und Wirkungen das Unternehmen erzielen will. Je höher die Komplexität, mit der die Organisation zu tun hat, umso wichtiger wird diese Ausrichtung. Orientieren und Priorisieren wird dann zur Daueraufgabe. Ein wesentliches Element davon ist Purpose. Und die wesentliche Kunst ist, nicht nur strategische Inhalte zu klären, sondern einen Prozess zu schaffen für laufende wirksame Strategiearbeit – das Strategizing.