Wie können wir auch in belastenden Zeiten resilient bleiben? Teil 6
Schnell noch diesen Blogartikel schreiben … die innere Uhr sagt: „du brauchst Zeit, erhole dich“, aber nein: „jetzt heißt es stark sein“, sagt ein anderer Teil in mir. Hinsetzen. Durchdrücken. Wer kennt solche, oder so ähnliche, inneren Dialoge nicht? Teil 6 unserer Resilienz-Blogserie widmet sich dem Umgang mit unseren inneren Antreibern!
Wenn eine Deadline kommt, halte ich durch … mehr als es mir manchmal guttun würde. Wenn die Präsentation ansteht, mache ich sie perfekt und noch perfekter. Auch wenn 80 % gereicht hätten. Wenn das Team etwas von mir möchte, erfülle ich es sofort, denn ich will ja, dass alle mich mögen.
Sei stark!
Sei perfekt!
Mach‘ es allen recht!
… das sind drei Beispiele für innere Motivatoren, die positive Eigenschaften verkörpern. Es sind verinnerlichte Botschaften und Glaubenssätze, die unser Denken, Fühlen und Handeln beeinflussen. Im besten Fall helfen sie uns, unsere Grundbedürfnisse Stimulierung, Anerkennung und Umgang mit der Zeit zu erfüllen.
Wenn sie jedoch rigide werden und unser Leben bestimmen, dann werden sie zu Antreibern, die uns belasten. Und die uns Flexibilität im Denken und damit Resilienz nehmen.
Das Modell der inneren Treiber stammt aus der Transaktionsanalyse (Eric Berne & Taibi Kahler). Sie beschreiben Muster und Routine – sogenannte Skripte – , die wir im Laufe unseres Aufwachsens und der Erziehung herausgebildet haben. Diese waren uns einmal sehr nützlich, weil sie uns halfen, mit Herausforderungen der Kindheit und Jugend umzugehen. Problematisch werden sie, wenn sie unreflektiert auf verschiedenste Situationen und Rollen der Jetztzeit umgestülpt werden. Wenn sie verhindern, dass wir unser Verhalten flexibel den gegebenen Rahmenbedingungen und Erwartungen im Erwachsenen- und Arbeitsleben anpassen. Wenn wir stattdessen „gefangen“ scheinen durch innere Stimmen, die uns diktieren, was wir zu tun haben – vor allem auch in stressigen Zeiten.
Unsere 5 Antreiber
Fünf Antreiber gibt es demnach. Jeder hat positive Eigenschaften, aber auch Nachteile, die zu Tage treten, wenn sie rigide werden. Und das sind sie:
- Sei perfekt!
Vorteile: hohe Arbeitsqualität, Aufmerksamkeit für Details
Nachteile: Langsamkeit, verliert sich in Details - Sei stark!
Vorteile: hohe Belastbarkeit, Beharrlichkeit
Nachteile: Härte, geht über Grenzen - Mach‘ es allen recht!
Vorteile: sucht Harmonie, Empathie
Nachteile: Vernachlässigung eigener Bedürfnisse, geringe Fähigkeit Kritik anzunehmen - Sei schnell!
Vorteile: Schnelligkeit, Macher
Nachteile: Hohes Tempo im Reden, Denken & Entscheiden, geringe Qualität in der Arbeit - Streng Dich an!
Vorteile: hohes Engagement, begeisterungsfähig
Nachteile: Überforderung, geringes Durchhaltevermögen
Was tun?
Hilfreich ist eine ehrliche und offene Auseinandersetzung mit seinen inneren Antreibern. Zu verstehen, welche Merkmale sie haben, wann sie jeweils besonders gern auftreten, und welche Lernpotenziale in ihnen liegen. In der Zusammenarbeit mit Teams kann es wichtig sein, Klarheit darüber zu bekommen, welche inneren Antreiber die jeweiligen Team-Mitglieder (manchmal) steuern. Letztlich geht es dann darum, dominante Antreiber durch neues Verhalten zu ergänzen, und so die dahinter liegenden Einstellungen und Glaubenssätze flexibel werden zu lassen.
Über die Autorinnen
Astrid Reinprecht ist unsere frischeste Neuwaldegger:in. Seit 2023 verstärkt sie die Beratergruppe mit ihrer Expertise, die sie aus Wissenschaft, öffentlichem Dienst, aus der Kultur und Non-Profit Organisationen mitgebracht hat. Die Mediatorin und systemische Beraterin begleitet Einzelpersonen, Teams und Organisationen in Konflikten und Veränderungsprozessen. Inspiriert von den empirischen Einsichten der positiven Psychologie hat sie 2019 ein Buch zu Positiver Mediation geschrieben, um zu zeigen, wie das Potenzial positiver Wahrnehmungen von Stärken- und Lösungsfokussierung auch in schwierigen Situationen genutzt werden kann.
Elisabeth Dudak ist Co-Programmgestalterin des Neuwaldegger Coaching Campus. Equity Partnerin der Beratergruppe Neuwaldegg. Ihr Credo: „Wer immer tut, was er schon kann, bleibt immer das, was er schon ist“. Die Psychologin und systemische Beraterin ist eine in sich ruhende, gut zuhörende, überlegte und mitfühlende sowie ermutigende Wegbegleiterin, die Chancen für Menschen und Organisationen sicht- und nutzbar macht. Sie beschäftigt sich intensiv mit Positive Leadership und Psychological Safety und unterstützt Teilnehmer:innen bei ihrer Weiterentwicklung in einigen unserer Entwicklungsräume in Form von Potenzialanalysen und Coaching. Ihr Wissen und ihre Erfahrung gibt sie als Lehrtrainerin im Neuwaldegger Coaching Campus weiter.
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