Wie ich meinen Tank wieder auffülle, Teil 2
Nicht nur in Wien gibt es schon einen Vorgeschmack auf den Frühling. Kostbare Momente mit einem Kaffee auf der Sonnenterasse, mit einem Bier auf der Skipiste, Vögel zwitschern, es riecht nach Abschied vom Winter. Und trotzdem fallen wir abends übermüdet ins Bett und nicht erst dann spüren wir, dass die letzten Monate viel Kraft gekostet haben.
Wer gerade nicht mit Omikron zu Hause sitzt, schnieft mit Heuschnupfen oder Erkältung, jongliert zu viele Tasks in zu wenig Zeit und fragt sich, ob nochmal die Chance kommt für den langen Winterschlaf. Decke über den Kopf und für niemanden erreichbar sein.
Nach zwei Jahren Pandemie und zum Ende des lichtarmen Winters, fühlen viele, dass der eigene Tank leer ist. Was kann ich tun, um wieder Kraft zu schöpfen?
Dem gehen wir in dieser Serie auf die Spur: Wo entdecke ich meine eigenen Ressourcen? Welche Fragen helfen mir, das Wichtige vom Nebensächlichen zu trennen? Oder sollte ich eine Entscheidung treffen?
Wir zeigen Ihnen, wie Sie die Tools des systemischen Coachings nutzen können, um ihren Tank wieder aufzufüllen. In sieben Teilen kommen wir bei Ihren Kraftquellen, Ihren Werten, Ihren Rollen, Ihren Prioritäten und dem was Ihnen wirklich wichtig ist vorbei.
Wie bringe ich meine Werte in Einklang?
Kennen Sie das? Der Tag im Homeoffice beginnt um halb neun. Bis abends um acht sitzen Sie vor dem Bildschirm und klicken sich durch die Meetings. Sie sind den ganzen Tag in Kontakt mit Ihren Kund:innen oder Ihrem Team, aber so richtiger Kontakt war nicht möglich. Der Tag war durchgetaktet, kein einziges „Agenda-freies Gespräch” hat stattgefunden, das Stimmungsbarometer steht tief. Am Abend fragen Sie sich: Warum tu ich mir das an?
Ja warum eigentlich?
Es könnte sein, dass Sie hier mitten in einem Spannungsfeld Ihrer Werte gelandet sind. Den Werten “Verbundenheit” mit Ihrem Team, Ihren Kund:innen auf der einen Seite und “Gesundheit” aufgrund der COVID-Situation auf der anderen Seite. Scheinbar macht die virtuelle Welt es möglich, beide Werte zur gleichen Zeit zu leben. Doch das hat seinen Preis, denn die Werte zeigen sich im Gewand ihrer Übertreibungen – zu viel des Guten.
Jeder Wert hat einen Gegenwert, dieser ergibt sich aus dem Kontext. Die Werte stehen in einer Spannung zueinander, den einen Wert gibt es nicht ohne den anderen. Werden die Werte übertrieben, verkommt die Verbundenheit vielleicht zur Dauerverfügbarkeit und die Gesundheit wird zur Kontaktvermeidung oder Isolation.
Der Weg heraus ist das Finden der richtigen Balance. Sozusagen den Mittelpunkt zwischen den beiden Werten. Eine neue Form von beidem. Im konkreten Fall könnte die Frage hilfreich sein: Wie kann ich in guter Verbindung mit meinem Team oder meinen Kunden sein und auf meine Gesundheit achten? Wie müsste mein Kalender aussehen, damit ich am Abend erfüllt bin?
Daraus folgen vielleicht Ideen wie …
- Wo baue ich mir Pausen in den Homeoffice-Tag, in denen ich die Wäsche aufhänge, eine Pflanze umtopfe oder eine halbe Stunde im neuen Roman schmökere.
- Wer arbeitet in meiner Nähe und trifft sich mit mir zum Mittagessen und Plaudern?
- Welches Gespräch geht auch am Telefon beim Spaziergang durch die Gärten?
- Braucht es jedes Meeting wirklich?
- Wo reserviere ich mir zwei Stunden Fokuszeit, in denen ich mit Papier und Bleistift am Stehtisch meine Gedanken zum Projekt skizziere?
- Wo passt zwischen zwei Meetings eine kurze Laufrunde.
- Mit wem geh‘ ich am Abend auf ein Bier?
Welche Werte stehen bei Ihnen in Spannung? z.B. Ehrgeiz und Gelassenheit, Egoismus und Altruismus, Vertrauen und Skepsis, Harmoniebedürfnis und Konfliktfreude?
Unsere Fragestellung ist die vereinfachte Form des Wertequadrats nach Schulz von Thun. Wenn Werte bei uns in Spannung geraten, dann kostet das viel Energie, ohne dass wir es bewusst merken. Und ein Weg, um diese Spannung zu lösen ist, den Werten auf die Spur zu gehen, die da in Konflikt sind.
Wenn abends Leere statt Fülle übrigbleibt, dann beobachten Sie, welche Werte da in die Übertreibung geraten sein könnten.
Wenn Ihnen das klarer ist, probieren Sie, wie Sie diese beiden Werte neu oder anders ausbalancieren können und was sich dadurch für Sie verändert.
Wir wünschen Ihnen Neugier beim Beobachten und Erproben!
Im nächsten Teil der „Auftanken-Serie“ gehen wir dann mit Ihnen den Schritt von den Werten zum persönlichen Sinn.
Über die Autor:innen
Nicole Lauchart-Schmidl ist systemische Beraterin, Expertin für New Work und Resonanz und gestaltet u.a. auch unsere Weiterbildungsformate mit, z.B. den Coaching Campus oder das Gender Equality Lab. Außerdem ist sie Buch-Autorin von „Being in Organizations“, bei Neuwaldegg bringt Nicole auch ihren Hintergrund als Personalerin und Coach ein.
Franziska Fink ist systemische Beraterin & Coach, Purpose-Expertin, Buch-Autorin und gemeinsam mit Nicole Lauchart-Schmidl auch Programmleiterin des Neuwaldegger Coaching Campus. Die beiden haben ein neues Konzept für unsere Coaching-Aus- und Weiterbildung entwickelt, bei dem man nicht nur coachen lernt und ab dem ersten Modul selbst coacht, sondern auch von erfahrenen Coaches gecoacht wird.
Neuwaldegger Coaching Campus, ab 18. Mai 2022
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Wie ich meinen Tank wieder auffülle, Teil 1